Inzwischen habe ich meine kleine ToDo-Liste aus dem Jungfernlauf von «Jarne» vollständig abgearbeitet und muss sagen: «Jarne» ist ein richtiges Schmuckstück geworden, ein echter Hingucker!

Was war noch offen?
- Kühlwasserablasshahn abdichten
- Schwungrad schlagfrei neu anfertigen
- Freigängigkeit der Anlasskurbel herstellen
- Lackieren der in Frage kommenden Bauteile
- Grundplatte auswählen und bearbeiten
- Endmontage
Kühlwasserhahn abdichten
Laut Bausatz und Konstruktion von Herrn Bengs soll im Kühlwasserablasshahn von «Jarne» eine Spindel mit stumpf-kegeliger Spitze von ca. 90° in eine ø 2.0 mm Bohrung mit kreisförmigem Querschnitt hineinragen und dort abdichten. Metall–auf–Metall dichtet allerdings nur bei besonders präziser Fertigung, welche mir anscheinend nicht hinreichend gelungen war. Zunächst habe ich eine neue Spindel mit spitzerem Kegelwinkel von ca. 45° gefertigt, ohne dass dies eine erkennbare Besserung bewirkt hätte. So kam ich auf die Idee, eine Dichtung aus elastischem Material zwischen Spindelspitze und Ventilsitz einzubringen.
Also habe ich aus einer 3 mm Flachdichtung aus einem gummielastischen Material aus meinem Fundus mit einem Locheisen zunächst eine ø 4.0 mm Ronde ausgestanzt und habe versucht, diese nachträglich zu durchbohren. Das scheiterte u.a. daran, dass so ein kleines Gummistückchen sich nirgends einspannen lässt. Also zuerst «am Platz» gebohrt, und danach erst ausgestanzt. Hier erwies es sich als sehr schwierig, das Locheisen «blind», bei verdeckter Bohrung, möglichst zentrisch zur zuvor vorgenommenen Bohrung anzusetzen.

Wie man sieht, habe ich mehrere Anläufe benötigt bis ein brauchbares Exemplar gelang. Für das Einführen in das Spindelgehäuse habe ich mir einen kleinen «Applikator» gedreht, einen Dorn mit 3.2 mm Aussendurchmesser (Kerndurchmesser des M4 Gewindes der Spindel) sowie einem ø 1.5 mm Zentrierstift für die kleine Dichtung. Nun dichtet also Metall auf einer elastischen Zwischenlage, und das hält aureichend dicht. Der Ablauf des Kühlwassers erfolgt nun allerdings nicht mehr im Vollstrahl, sondern schnell tröpfelnd – immerhin.
Schwungrad schlagfrei neu anfertigen
Der Neuanfertigung des Schwungrads habe ich einen eigenen Artikel gewidmet und möchte das hier nicht nochmals ausbreiten.
Freigängigkeit der Anlasskurbel herstellen
Die Freigängigkeit der Anlasskurbel konnte ich mittels des Tips der dem Bausatz beiliegenden Bauanleitung beheben: den Zentralkörper (Teil 56) des Freilaufs per Reibahle auf ø6 H7 aufreiben hat das kleine Problem vollständig behoben.
Lackieren von Bauteilen
Bezüglich der Lackierung hatte ich mich – analog zu meiner Interaktiven 3D Animation von «Jarne» – für dunkelblau-metallic aus der Sprühdose entschieden, mit anschliessender Klarlack-Versiegelung.

Die Bauteile hatte ich vorab mit Isopropylalkohol entfettet, jedoch anschliessend nicht grundiert. Letzteres war möglicherweise ein Versäumnis, denn der Lackauftrag scheint durchscheinend zu sein, so dass trotz gleicher Sprühdose die Farbwirkung auf den Stahlguss Schwungrädern «dunkler» und satter ist als auf dem Kühlmantel aus Aluminium. Nach anfänglichem Schrecken habe ich mich inzwischen daran gewöhnt und finde es trotzdem schick.
Grundplatte auswählen und bearbeiten
Ursprünglich hätte ich gerne transparentes, anthrazitfarbenes Acrylglas genommen. Aber in der gewünschten Stärke von 30 mm war das nirgendwo im Zuschnitt(!) aufzutreiben und mir war klar, dass sich kein Anbieter wegen der doch exotischen Kombination von Farbton und Materialstärke eine ganze Platte ins Lager stellen würde, von der ich lediglich ein Stückchen von 25 cm x 12 cm bestellt hätte. Also habe ich mich für transparentes farbloses Acrylglas entschieden. Da ich noch mechanische Bearbeitungen (diverse Bohrungen, teils mit einzuschneidenden Gewinden) vorzunehmen hatte, entschied ich mich für «gegossenes» (GS) Acrylglas, welches weniger Eigenspannungen aufweist als das etwas preiswertere «extrudierte» (XT) Acrylglas.


Überhaupt ist Acrylglas ein ausgesprochen sensibler Werkstoff, nicht nur in Bezug auf Kratzer auf den Oberflächen oder auch Spannungsrisse infolge mechanischer Bearbeitung oder Kontakt mit Chemikalien (da komme ich weiter unten noch drauf zurück!). Es ist das genaue Gegenteil eines fehlerverzeihenden Werkstoffs! Kann man eine fehlplazierte Bohrung in Holz oder Metall noch mit einem eingeleimten oder eingelöteten Dübel verschliessen, ggf. sogar deckend überlackieren, so muss beim transparenten Acrylglas jede Bohrung auf Anhieb sitzen, weil sie dauerhaft von allen Seiten her sichtbar bleiben wird, aufgrund der Totalreflexion an den polierten Oberflächen sogar in mehrfacher Ausführung.
Im Gegenzug finde ich die «Luftigkeit», die von polierten Oberflächen und transparentem Material ausgeht, ausgesprochen attraktiv. Sie betont das Modell und lässt die Grundplatte gegenüber dem eigentlichen Modell visuell in den Hintergrund treten. Von der Motivation her ziemlich vergleichbar mit meiner Vorliebe für Naked Bikes wie meine Monster 1200S: Technik zur Schau stellen anstatt sie schamhaft zu verdecken bzw. davon abzulenken.
Endmontage
Da ich für die Lackierung des Kühlmantels «Jarne» nahezu vollständig zerlegen musste, habe ich die Gelegenheit genutzt, allen freiliegenden Messingoberflächen noch einen «Autosol» Abrieb zu verpassen und auch die Verschraubungen der beiden Messing-Konsolen (Säulenplatten, Teil 5) mit dem Aluminium Kühlmantel mit Hylomar abzudichten.
Für die Präsentation, u.a. hier auf meiner Webseite, habe ich bei Aliexpress.com einen Batterie- (oder USB-Power) -betriebenen Rundtisch bestellt, damit «Jarne» und auch zukünftige Modelle von allen Seiten gleichmässig in Szene gesetzt werden können:
Acrylglas reagiert lt. Quellen im Internet empfindlich auf Kontakt mit gewissen Chemikalien, u.a. Brennspiritus. Besoners kritisch gilt hier der Kontakt mechanisch bearbeiteter (z.B gesägter, gefräster oder gebohrter) Oberflächen, deren «angeschnittene» innere Spannungen mit Rissbildung reagieren können. Daher verwende ich – abweichend von den Empfehlungen von Herrn Bengs – als Brennstoff Isopropylalkohol (99.9%), welcher auch als Reinigungsmittel für Acryl empfohlen wird. Grosszügiges, resp. nachlässiges Kleckern mit dem Brennstoff würde ich trotzdem nicht empfehlen. Tip hierzu: Isopropylalkohol, auch Isopropanol oder IPA gennant, ist in einer für technische Zwecke angebotenen Qualität und Reinheit wesentlich preiswerter als der für medizinische oder kosmetische Zwecke angebotene aus der Apotheke.
Zum Abschluss noch eine Slow Motion Studie des Ansaugvorgangs. Der passend zur Bewegung verlangsamte Sound ist wirklich klasse (ich empfehle, Kopfhörer zu verwenden und/oder die Lautstärke hochzuregeln! 🎧).
Ausblick
Damit haben meine Arbeiten an «Jarne» ihren Abschluss gefunden. «Jarne» hat einen prominenten Platz in meiner eigens für meine Modelle beschafften Glasvitrine in der Stube erhalten, damit er sowohl sichtbar bleibt, als auch vor Staub etc. geschützt ist.
Als nächstes Modell habe ich mir den kleinen Stirlingmotor «Laura» vorgenommen, ebenfalls von Bengs Modellbau. Die Lieferung des Bausatzes ist für heute «im Laufe des Tages» angekündigt und stellt meine Geduld um 13:00 bereits auf die Probe …
Ich werde berichten.