In meinem vorigen Beitrag hatte ich eine kleine ToDo-Liste aufgestellt, was ich bis zur Fertigstellung von «Jarne» noch zu erledigen habe. Ein Punkt auf dieser Liste war die Neuanfertigung eines Schwungrads, welche ich inzwischen erfolgreich abschliessen konnte:

Die Neuanfertigung des Schwungrads aus einem frischen Rohling hielt ich für angezeigt, weil das ursprungliche Erstlingswerk wegen wiederholter Umspannung auf der Drehmaschine zum Schluss einen sichtbaren Höhen- und Seitenschlag (Taumeln) aufwies.
Mein Ziel eines schlagfreien Laufs habe ich im zweiten Anlauf nun erreicht, und zwar durch Kombination mehrerer Massnahmen:
- Hauptbearbeitungen (Reif Aussenfläche und erste Stirnfläche, Ausdrehung Nabe) in der gleichen Aufspannung
- Ausdrehung Nabe durchgehend, anstatt «Tasche» wie zuvor
- Passungsanforderungen des Spannsatzes (Naben ø16H8) sehr viel besser eingehalten
- Rauhigkeitsanforderungen des Spannsatzes an die Nabenoberfläche besser eingehalten
Hauptbearbeitungen in gleicher Aufspannung
Die Überschrift sagt bereits alles: ich habe den Stahlguss-Rohling in derjenigen (von sechs möglichen, wg. Dreibackenfutter und sechs Speichen) Aufspannungen eingespannt, die bereits im Rohzustand den geringsten Höhenschlag aufwies. In dieser Aufspannung habe ich dann zuerst die Zylinderaussenfläche längs überdreht, bis keine Spuren der Gussoberfläche mehr erkennbar waren. Die zugängliche Schwungreif-Stirnfläche habe ich ebenso plan gedreht. Auch die Ausdrehung der Nabe habe ich noch in dieser Aufspannung vorgenommen.
Ausdrehung Nabe durchgehend
Beim ersten Anlauf hatte ich jeweils eine Tasche in der Nabe des Schwungrads ausgedreht, um den eingelegten Spannsatz bündig mit der Stirnfläche der Nabe abschliessen zu lassen.


Für das Schwungrad auf «Jarne»’s Kurvenscheibenseite halte ich das auch weiterhin für eine gute Lösung, weil der Spannsatz so sichtbar bleibt und eine optische Aufwertung des Modells bewirkt. Passenderweise wies dieses Schwungrad bereits im ersten Anlauf nur kaum sichtbaren Schlag auf, so dass hier kein Erneuerungsbedarf bestand.
Beim Schwungrad auf der Anlasskurbelseite hat dieses Argument jedoch kein Gewicht, denn die Kurbel verdeckt den Blick von aussen auf den Spannsatz – die Ästhetik des Spannsatzes blüht hier also im Verborgenen.
Bei der Durchbohrung der Nabe des Anlasskurbel-seitigen Schwungrads entschied ich mich für eine durchgehende Ausdrehung auf ø16H8, wie im Eingangsbild ersichtlich, und zwar aus verschiedenen Gründen:
Einerseits hatte ich die Vollhartmetall Mini-Bohrstange, welche ich für die Herstellung der zylindrischen Ausdrehungen verwendet hatte, durch die vorangegangene Bearbeitung von Stahlguss bereits ziemlich ramponiert, bei derzeit noch fehlenden Nachschleifmöglichkeiten. Die Folge ist/war eine schlechte Oberflächenqualität mit unschön rauher Oberfläche, bei absehbar sich verschlechternder Tendenz:


Als Alternative, jedoch nur bei vollständiger Vor-Durchbohrung auf ø 13 mm nutzbar, habe ich meinen Innendrehmeissel für Bohrungsdurchmesser ab ø 13 mm aufwärts eingesetzt. Diesen in Verbindung mit ab Lieferant «scharf geschliffenen» Hartmetall Wendeschneidplatten, die eine bessere Oberflächenqualität (geringere Rauhtiefe) versprachen.


Passungsanforderungen des Spannsatzes
Der Lieferant der verwendeten Spannsätze spezifiziert die Passungsanforderungen der ø6 mm Welle mit h8, die der ø16 mm Nabe mit H8, entsprechend dem Intervall 16.000 mm .. 16.027 mm (Grenzmass). Trotzdem habe ich mit digitaler Schieblehre ca. 16.05 mm gemessen, bevor ich den mit maximaler Fingerkraft minimal zusammengedrückten Aussenring die ersten mm in die Ausdrehung der Nabe erstmalig einführen und anschliessend in seine Position einpressen(!) konnte. Viel genauer, bzw. spielfreier, hätte ich es mit meinen Mitteln nicht hinkriegen können.
Da ich nun, wegen der durchgehenden Ausdrehung auf ø16 mm die Position des Spannsatzes in axialer Ausdehnung der Nabe frei wählen konnte, habe ich ihn mittig angeordnet damit der «Schwerpunkt» der nabenseitigen Flächenpressungen in etwa in der Speichenebene des Schwungrads liegt. Um auch hier jegliche aussermittige Krafteinleitung auszuschliessen, welche evtl. zu einem Schlag hätte führen können. Nützt’s nix, so schadet’s auch nicht.
Rauhigkeitsanforderungen des Spannsatzes
Die Rauhigkeitsanforderungen des Spannsatzes sind seitens des Lieferanten mit Rautiefe Rz: < 12,5 µm angegeben. Mir fehlen die Messmöglichkeiten, dies zu überprüfen. Ich meine aber , eine leichte Verbesserung der Oberflächenrauhigkeit festgestellt zu haben, kann mich natürlich auch täuschen.
In der Summe all dessen läuft das Schwungrad jedenfalls nun völlig ohne Schlag – das ist für mich entscheidend.
Als kleines «Bonbon» und zur Vereinheitlichung des Designs habe ich für die Innenseite des Anlasskurbel-seitigen Schwungrads noch eine kleine Messingbuchse gefertigt, welche die ansonsten «nackte» ø6 mm Kurbelwelle visuell auf die in allen übrigen Kurbelwellenabschnitten vorliegenden ø9 mm auffüttert und auch den Blick auf das offene Ende der Nabendurchbohrung verdeckt.


Damit ist die mechanische Fertigung (und Befestigung) der beiden Schwungräder abgeschlossen. Als nächstes steht deren Lackierung an. Dunkelblau-metallic plus Klarlack stehen bereit. 😎