Mehrteilige Lötungen

Durch Löten verbindet man mindestens zwei Bauteile miteinander. Sobald aber mehr als zwei Bauteile miteinander verbunden werden sollen, kann es kompliziert werden. So z.B. beim Maschinengestell des Stirlingmotors «Laura» von Modellbau Bengs.

Fertig gelötetes Gestell des Stirlingmotors «Laura»

Das Gestell besteht aus vier Teilen: der Grundplatte, dem Zylinderhalter sowie zwei Knotenblechen, welche jeweils paarweise aufeinander senkrecht stehen sollen.

Mit Geduld und einer ruhigen Hand kann man die vorbereiteten, d.h. gebohrten, entgrateten und von den Fräsansätzen befreiten Einzelteile relativ zueinander in eine ungefähr richtige Position bringen:

Von Hand in Position balanciert

Aber erstens ist die Rechtwinkligkeit so nicht garantiert. Zweitens besteht die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass während des Lötvorgangs die Bauteile ihre relative Position zueinander verändern werden oder gleich ganz umfallen. Sei es, weil der Strömungsdruck der Gasflamme Bauteile umpustet, oder auch leises und unvermeidliches! Antippen mit dem Lotdraht die kunstvolle Anordnung zerstören würde. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bauteile heiss werden und nicht mal eben mit dem Finger geradegerückt werden können, sollten sie sich verschoben haben. Und drittens man nicht genug Hände hätte, den Brenner in der einen Hand, den Lotdraht in der anderen Hand haltend, um dann noch zusätzlich irgendwie gezielt einzugreifen.

Ohne zusätzliche Vorrichtungen zur Fixierung der Bauteile in Position geht es also nicht.

Ich habe mir daher einen Bügel aus einem ø3 mm Rundmaterial gebaut mit dem ich Zylinderhalter und Grundplatte relativ zueinander fixiere. Das auf den Bügel aufgeschnittene M2 Gewinde erlaubt die Justage auf Rechtwinkligkeit, welche ich mittels eines allseitig und winklig geschliffenen Prismenblocks kontrolliert habe. Der Bügel selbst wird über vorhandene Bohrungen in Grundplatte und Zylinderhalter verschraubt:

Divide et impera! Das fällt schonmal nicht mehr um …

Zur Fixierung der Knotenbleche habe ich mir aus einem ø1 mm Federstahldraht einen kleinen Clip gebogen. Den Trick hatte ich einmal in einem von Herrn Bengs zahlreichen Anleitungsvideos gesehen und habe ihn hier schamlos kopiert. Die Füsschen des Clip sind im entspannten Zustand nach innen gebogen, damit sie im aufgespannten Zustand weitgehend senkrecht auf die Knotenbleche einwirken und möglichst wenig Tendenz zur seitlichen Verschiebung bewirken:

Die senkrechte Position der Knotenbleche relativ zu Grundplatte und Zylinderhalter wird durch eingefräste Rillen in der Grundplatte sowie ausgefräste Anschläge im Zylinderhalter garantiert. Der Clip übt reinen Druck gegen die beiden Knotenbleche aus, die sich ihrerseits gegen diese beiden vorgegebenen Anschläge abstützen. Zudem verhindert die sehr kleine Kontaktfläche zwischen den Stirnflächen des ø1 mm Federstahldrahts und den Knotenblechen eine den Lötvorgang störende Wärmeableitung.

Nachdem das grundsätzliche Prinzip und dessen Umsetzung auf meiner Schreibtischplatte meinen Gefallen gefunden hatte, ging’s ab in die Werkstatt für die Feuerprobe!

Im OP. Noch ist es nicht zu spät umzukehren …

Nun ist wirklich alles parat: alle Lötfugen sind mit Bengs› Weichlöt- und Verzinnungspaste bestrichen bzw. gefüllt, und alle Bauteile in der richtigen Position zueinander angeordnet und fixiert.

Feuer frei!

Da die Lötfuge zwischen Grundplatte und Zylinderhalter relativ viel Spiel aufweist und durch den Lotanteil in der Lötpaste absehbar nicht vollständig gefüllt werden würde, habe ich ein von der Länge her passendes und gerade gewalztes Stück flussmittelgefülltes Elektronik-Lötzinn zusätzlich in die Lötpasten-gefüllte Hohlkehle eingelegt und dort quasi festgeklebt. So sah das Ganze nach Abstellen des Brenners aus:

Die Verfärbungen durch Flammeneinwirkung, verlaufenes Lot sowie Flussmittelreste lassen die beteiligten Bauteile, bzw. die Baugruppe nach einer Lötung regelmässig zunächst ein wenig fürchterlich aussehen. Aber man gewöhnt sich nach einigen Lötvorgängen daran und kann das meiste dann durch Abwaschen unter fliessendem Wasser, Abbürsten mit einer Messing-Drahtbürste und ggf. Abschleifen mit feinem Schmirgel oder sogar mittels Autosol-Politur wieder in einen manierlichen Zustand zurückführen.

Ich bin jedenfalls mit dem Ergebnis zufrieden 😊.

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