Neulich befand ich mich im jährlich wiederkehrenden Stress, ein Geburtstagsgeschenk für Ursula auszusuchen. Und jedes Jahr mit einem Fünf-Karäter anzukommen wird ja irgendwann auch unoriginell. (Nur ein Scherz …).

Ich begann meine Suche im Internet im Zubehör-Umfeld einer Sony RX 100, welche Ursula sich kürzlich (in der «V a» Variante) zugelegt hatte , um regelmäßiger als bisher eine Kamera auf ihren Streifzügen mitzuführen.
Diese Kamera ist wirklich Klasse. Klein genug, um sie in der Hosen-oder Jackentasche quasi immer mit dabei zu haben, liefert sie eine absolut erstaunliche Bildqualität. Andererseits ist sie aber so klein, daß man sie im Grunde immer mit zwei Händen anfassen muss, aus Furcht, sie bei ihren kleinen und glatten Oberflächen ansonsten aus der Hand fallen zu lassen und am Boden zerschellen zu sehen. Das war der Ansatzpunkt meiner Suche.
Bald hatte ich einen hölzernen (!) Zusatzgriff gefunden, der dieses Problem zu addressieren schien. Alleine, es gab zwar etliche sehr lobende Berichte darüber, allerdings war das Teil nirgends (mehr) käuflich zu erwerben. Wie ich nach weiterer Recherche herausfand, handelte es sich bei diesen Holzgriffen um Nachbauten eines Design-Elements der Hasselblad «Stellar», welche die Optik und Elektronik der Sony RX100 anscheinend als Lizenznachbau in einem eigenen Edelgehäuse und mit besagtem Holzgriff zum Edelpreis vertrieben hatte. Ich vermute, daß Hasselblad derartige, kommerzielle(!) Design-Nachbauten unterbinden ließ, um ihr (und ihrer Kunden) Investment in italienisches Design zu schützen.
Wie auch immer: das Teil gab es nirgends mehr zu kaufen. Aber eigentlich war es doch nur «ein Stück Holz». Das konnte doch so schwer nicht sein?! Und ein privater, nicht-kommerzieller Nachbau kann ja nicht verboten werden.
Ich startete also mit allen verfügbaren Abbildungen derartiger Griffe, und begann mein «reverse engineering»:

Ein Stück Holz war auf Ebay auch schnell gefunden: «Rosenholz, Palisander, 30 x 40 x 120mm, für Messergriff», für rund €10,- plus Porto. Dann ab damit in die Werkstatt. Kollege Hans hatte an diesem Tag erstmals einen Drehtisch für die Fräsmaschine mitgebracht, der kam gleich wie gerufen.
In der ersten Aufspannung konnte ich den Radius «innen», sowie «unten aussen» fräsen und war sehr angenehm überrascht, wie glatte Oberflächen die Fräsbearbeitung auf dem Hartholz hinterliess.
Leider habe ich von diesen ersten, maschinellen Bearbeitungsschritten keine Fotos gemacht. Ich hatte nicht damit gerechnet, derartig schnell voranzukommen. Aber da sowohl Werkzeuge als auch Werkstück lediglich entlang von Geraden und Kreisbögen geführt, bzw. bearbeitet wurden, lässt sich das gut anhand eines 3D-Modells nach-dokumentieren:
Hier das Zwischenergebnis nach dem ersten Bearbeitungsabend in der Freizeitwerkstatt Neuhausen:
Bis zum nächsten Werkstatt-Termin (immer Mittwochs) war zum Glück auch der privat bestellte Fingerfäser d=17mm (ca. €60,- inkl.Porto) bei mir eingetroffen. Der war für eine makellose Passform des Holzgriffs an das Gehäuse der RX100 unverzichtbar. Auch diese Aufspannung und Bearbeitung gelang, zum Schluss mit sehr behutsamem, manuellem Vorschub:

Als ich an diesem Abend die Werkstatt verliess wusste ich, daß ich sowohl rechtzeitig fertig werden würde als auch daß es nach meinen Maßstäben gut werden würde. 😎
Es folgte eine Phase manueller Bearbeitung, sowohl mit Raspel, verschiedenen Halbrundfeilen, Schlüsselfeilen, 240er und 400 Schmirgel, bis ich schließlich etwa so weit war: (dies sind jetzt echte Fotos)
Aber dann kamen mir doch noch Zweifel. Was wäre, wenn Ursula den Griff nicht genug schätzen würde, um ihn an ihre schicke Sony Kamera zu lassen? Dann wäre der Griff eine Weile in den Ecken herumgeflogen, hätte Staub gefangen und wäre schließlich entsorgt worden. Das hätte ich dann doch unangemessen gefunden. Um mich abzusichern, hatte ich deshalb den Griff bei Übergabe noch nicht vom «Fuß» getrennt. Im Falle des Falles hätte ich die Skulptur dann immer noch als Dekoration auf meinem Schreibtisch aufstellen können.
Aber meine Bedenken waren unbegründet. Ursula war sehr angetan und beauftragte die Fertigstellung. Nun blieb nur noch die Frage der Befestigung am Kameragehäuse. Ich habe regelmäßig Hemmungen vor unwiderruflichen Umbauten, deshalb versuchte ich es zunächst mit doppelseitig klebenden «Pads». Die hatten aber mindestens zwei Nachteile:
- waren sie etwa 1 mm dick, wodurch die gefräste Hohlkehle von r=8.5mm nicht mehr nahtlos an die Gehäuserundung von ebenfalls r=8.5mm passte.
- sah der weisse Schaumstoff-Träger der Pads als Fuge zwischen dem schwarzen Kameragehäuse und dem dunklem Holzgriff so richtig $&%?£ aus. Da liess sich auch mit Nach-Schwärzen per Edding nichts retten.
Also (wieder einmal) alles runter gerissen, und ich erhielt die Freigabe für direktes Ankleben per UHU-Plus. Dünne Schicht aufgetragen und den Griff während des Aushärtetens mit ein paar Gummiringen fixiert. Sieht man nicht und hält bombenfest. Geht halt nur nicht mehr zerstörungsfrei ab. Aber wer es einmal gesehen hat mag sich sowieso nie mehr davon trennen 😎

Nicht zu fassen, liebe Ursula, was für einen kreativen, praktisch begabten Mann Du hast! Jetzt sind wir ja noch mehr gespannt, Euch beide mal »live« kennenzulernen. Und welch wunderbare, aussergewöhnliche Geburtstagsgeschenke »unsere Männer« für uns aushecken! Ein handgeschnitzter Kameragriff für Dich und eine Alpenüberquerung mit Hund für mich…wir sind wahre Glückspilze, liebe Ursula. Übrigens, nachträglich noch alles Gute zum Geburri! Herzlichst, die »Gais-lein«
Petra, vielen Dank für die Blumen! Vous me faites rougir!
Was den Geburtstag von Ursula angeht: der liegt schon eine kleine Weile zurück, aber ich wollte/musste wegen des Schlussbildes warten, bis sie ihre Nägeli frisch lackiert hatte. Was Du sicher verstehen wirst.
Und unser Besuch in Gais wird kommen – schon bald. 😎 .