Die Hundskurve

Als «Hundskurven» bezeichnet man Kurven, die in ihrem Verlauf «zu» machen, also einen kleiner werdenden Kurvenradius aufweisen. Diese sind für sämtliche Verkehrsteilnehmer gefährlich – für Zweiradfahrer und Gespannfahrer allerdings in besonderer Weise.

Maßstäblicher Kartenausschnitt mit Kurvenradien in [m]

Neulich bin ich in so einer Hundskurve mit dem Gespann ganz böse aufgewacht (ist aber zum Glück gut ausgegangen):

Und das kam so:

Es war mein erster motorisierter Zweirad-Tag nach der Winterpause, Mitte Februar, mit Temperaturen bereits um die 19°. Ursula und ich waren am Vortag aus dem Skiurlaub zurück gekommen, gerade erst zwei Tage vorher noch von 3.800m per Snowboard bzw. Skiern zu Tal gesaust, und nun das! Ich hatte seit der Überführung der Ural vom Händler zu uns nach Hause wegen Job, Dunkelheit, schlechtem Wetter (Salz!) etc. seit Anfang Dezember erst knapp 70km auf dem Ural Tacho. Peinlich! Und nun hatte ich «das Reissen» =8-)

Meine gewolltes Ausloten der physikalischen (und Hinausschieben der persönlichen?) Grenzen hatte ich bereits hier beschrieben. Im Anschluss wollte ich noch ein paar ruhige Kilometer auf einer kleinen Patrouille durch meine nähere Umgebung auf den Tacho bringen. Ich war vermutlich ein wenig über-euphorisiert, durch das herrliche Wetter, meine ersten Erfolge auf zwei (!) Rädern, und dann noch mit leicht eingerostetem Gefahren-Sensor unterwegs. Wie auch immer. Der Kartenausschnitt oben zeigt die kritische Situation. Ich kam von rechts oben, und fuhr nach links oben.

Im Grunde war mir die Stelle bekannt, allerdings fahre ich sie vergleichsweise selten, und dann überwiegend in umgekehrter Richtung, bisher nur mit dem PW oder der Monster. Es kam also einiges zusammen.

Eingangs der Kurvenkombination ein Warnschild «Doppelkurve, rechts zuerst», sowie eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h.

Die im Kartenausschnitt gezeigte, einleitende Linkskurve (Radius 250m) ist für das weitere Geschehen unbedeutend. Gegen Ende befinden sich zwei Verkehrsschilder «Doppelkurve, rechts zuerst», sowie eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h. Wie ich in meinem Artikel «Schräglage» im Diagramm gegen Ende dargestellt habe, führt ein Tempo von 60 km/h (entsprechend 16,7 m/s) für ein einspuriges Fahrzeug in der ersten Rechtskurve mit Radius = 80 m zu einer sehr maßvollen Schräglage von lediglich rund 20°. Also alles easy!

Aber unmittelbar darauf folgt, relativ unerwartet, eine sehr enge Kurve mit Radius = 33m. Bei gleichbleibender Geschwindigkeit ( 16,7 m/s) erfordert diese Kurve plötzlich eine Schräglage von 40°, und das ist schon ziemlich nahe an der theoretischen Grenze von 45°! Dazu kommt, daß man mit dem Gespann keine kompensatorische Schräglage fahren kann – eher im Gegenteil. Und so kam es wie es kommen musste:

in der zweiten, engen Rechtskurve stieg das Boot. Zum Glück hatte ich mich kurz vorher bereits ein wenig mit diesem Gefühl vertraut machen können. Und doch sind die Optionen dann sehr begrenzt: Kurvenradius vergrößern, und/oder Tempo reduzieren. Ich habe offenbar reflexartig eine Kombination aus Beidem gewählt: maximal gebremst, und leicht nach aussen (links) ausgewichen. Das Ergebnis:

Ich kam immerhin noch auf dem Asphalt zum Stillstand, allerdings komplett auf der Gegenfahrspur. Durch die für Ural-Verhältnisse «heftige» Verzögerung hat es Benzin aus dem kurz vorher frisch gefüllten Tank nach aussen durch den Überlauf gedrückt, und eine beredte Spur auf dem Asphalt hinterlassen – doppelt peinlich.

Hier der Blick aus der Gegenrichtung

Anschließend bin ich ziemlich kleinlaut nach Hause gefahren. Mein Mütchen war fürs Erste ausreichend gekühlt.

Nur mal angenommen, rein hypothetisch natürlich, jemand hätte Warnschild und Tempobegrenzung übersehen, und wäre mit 80km/h (rund 22 m/s) in diese Kurve gerauscht. Dann hätte derjenige die erste Rechtskurve mit Radius=80 m noch mit vergleichsweise komfortablen 30° Schräglage bewältigen können. Aber in der engen R=33 m Kurve wären ihm dann deutlich über 50° Schräglage abverlangt worden. Da hätte die Strasse schon sehr sauber, die Reifen sehr gut aufgewärmt, und der Fahrer extrem erfahren und sehr gut ausgeschlafen sein müssen, um das unfallfrei zu bewältigen. Man kann den Schweizern jedenfalls nicht nachsagen, dass sie mit dieser Geschwindigkeitsbegrenzung die Spassbremse unberechtigt angezogen hätten.

Als Fazit habe ich gleich ein Gespann-Sicherheitstraining für Ende April gebucht. Ursula kommt mit, nicht nur als Ballast für’s Boot. 😉

Ich werde berichten!

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