Verbessertes GPS-tracking für Hunde

In meinem vorigen Beitrag hatte ich meine Erfahrungen mit dem ganz konkreten Produkt «Tractive GPS DOG 4» beschrieben.

Es gibt bessere Möglichkeiten des GPS-Trackings für Hunde

Unabhängig vom o.a. Produkt gibt es meiner Meinung nach systemische Schwächen, die jedes Konkurrenzprodukt in gleicher Weise beeinträchtigen würden.

Um den oben verlinkten Beitrag noch einmal kurz zusammenzufassen, hatte ich die Ortungsleistung verschieden alter GPS Empfänger unter unterschiedlichen «Labor»-Bedingungen miteinander verglichen: innen ans Fenster gelehnt, innen im Abstand von einem meter vom Fenster, aussen auf der Fensterbank. Wenig überraschend ergab sich jedesmal eine Rangfolge bezüglich der Ortungsleistung entsprechend dem Alter des GPS-Empfängers. Je neuer, desto besser.

Nun wollte ich aber wissen, ob sich diese Ergebnisse aus meinem improvisierten «Labor» auch in der Praxis reproduzieren lassen würden. Und ich erinnerte mich, daß Ursula und Xändi auf ihrer Testrunde mit «Tractive GPS DOG 4» ein kleines Tobel durchquert hatten, als die Verbindung zum Tracking-Server abbrach.

Verbindungsabbruch in einem etwa 20 meter breiten Waldstreifen beiderseits eines Tobels

So wie vorstehend abgebildet sieht das Tobel von aussen aus, und auf der Weide draussen unter freiem Himmel präsentieren sich alle drei Testkandidaten (von links nach rechts: iPhone 13, iPhone 5S, Garmin GPSmap 276C) in vorbildlicher Bestform:

Alle drei Kandidaten punktgleich mit Ortungsgenauigkeits-Bestleistung von ±5 meter

Im Tobel verläuft ein kleines Bächlein, über welches ein hölzerner Steg führt:

Kaum überraschend, stellt sich bei teilweise verdeckter Sicht auf den Himmel die bekannte Rangfolge bezüglich Ortungsleistung wieder ein: je neuer der GPS-Empfänger, deste besser die Ortungsleistung. Während das ein Jahr alte iPhone 13 auch unter diesen Bedingungen mit einer sehr guten Ortungsgenauigkeit von ±6 meter glänzt, fällt das neun Jahre alte iPhone 5S bereits auf eine Ortungsgenauigkeit von ±10 meter ab. Das rund 18 Jahre alte Garmin GPSmap 276C erreicht je nach Ablageort günstigstenfalls noch eine Ortungsgenauigkeit von ±15 meter (bis hin zu «unendlich» = keine Ortung!).

So stellte sich die Sicht gen Himmel zum Zeitpunkt der obigen Messung vor Ort dar:

Für ein menschlisches Auge ist das ein sehr lichtes Wäldchen

Fairerweise muss ich einräumen, daß das obige Foto ca. zwei Wochen nach der Testrunde mit «Tractive GPS DOG 4» aufgenommen wurde. In der Zwischenzeit hatten wir bereits einige leichte Nachtfröste, und die Laubbedeckung dürfte sich weiter verringert haben. «Tractive GPS DOG 4» hatte es demnach schwerer als die obigen Testkandidaten.

Man kann auf jeden Fall festhalten, daß auch dem menschlichen Auge geringfügig erscheinende Sichtbehinderungen sich als massive Einschränkung der Ortungsfähigkeit speziell älterer GPS-Empfänger bemerkbar machen.

Zurück zur Hundeortung

Von allen die Erde umkreisenden Navigationssatelliten ist ständig die Hälfte unter/hinter dem Horizont verborgen und kann nicht empfangen werden, da der Blick auf sie durch die Erde verdeckt ist..

Bewegung der GPS-Satelliten um die Erde. Schwarze Punkte stellen Satelliten mit Sichtkontakt zum blauen Bezugspunkt auf der Erdoberfläche dar. Quelle: wikipedia.de

Wenn man anerkennt, daß ein schütteres Blätterdach bereits den Empfang von Signalen von Navigationsatelliten beeinträchtigt, und erst recht ein massiver und undurchsichtiger Körper wie die Erde Signale vollständig blockiert, dann muss man konsequenterweise davon ausgehen, daß auch ein Hundehals die aus Empfängersicht dahinter liegenden Satelliten vollständig verdeckt. Solange ein «Tractive GPS DOG 4» oder ein vergleichbares Produkt seitlich am Hundehalsband angebracht ist, wie auf Werbefotos abgebildet, bleibt lediglich noch ein Viertel aller insgesamt die Erde umkreisenden Satelliten für den GPS-Empfänger am Hundehalsband theoretisch sichtbar.

Die meisten Hundehalter wollen Ihren Hund nicht erwürgen oder behindern. Deshalb schnallen sie das Halsband gerade nur so fest, das der Hund es nicht über seinen Kopf abstreifen kann. Folglich sitzt das Halsband locker am Hals und kann sich verdrehen. Und tatsächlich haben wir beobachtet, daß nach einer Freilauf-Session die schwerste Stelle des Halsbands, seine Schnalle, sich immer unter dem Hals befindet.

Abhängig vom Halsband kann es passieren, daß ein seitlich montierter GPS-Tracker nun zur neuen «schwersten Stelle» des Halsbands wird, und somit unter den Hundehals rutscht. Damit wäre die Sicht auf sämtliche Navigationssateleliten versperrt und der GPS-Tracker wäre quasi «blind».

Wie kann man verhindern, daß der Hund selbst ein GPS-Tracking verunmöglicht?

Z.B. indem man den GPS-Tracker an einem Hundegeschirr auf dem Rücken des Hundes montiert:

Der zwischen den Vorderpfoten über das Brustbein verlaufende Gurt verhindert, daß sich das Geschirr um den Körper bzw. Hals des Hundes verdrehen kann. Der Rückengurt und ein evtl. daran montierter GPS-Tracker bliebe so immer oben und ein Hund könnte nicht mit seinem eigenen Körper die Sicht auf die über ihm befindlichen Navigationssatelliten verdecken. Die wenigsten Hundehalter dürften allerdings bereit sein, einem freilaufenden Hund alleine deswegen ein Geschirr anzuziehen. Und leider mussten wir unser «Tractive GPS DOG 4» zurücksenden um nicht den Ablauf der 30-Tage Rückgabefrist zu überschreiten, so daß ich derzeit diese Theorie nicht testen kann.

Wie machen das die Profis?

Tractive bewirbt ihr «Tractive GPS DOG 4» als «Sicherheitsnetz» für den Fall, daß sich ein Hund unerlaubt bzw. ohne Wollen seines Besitzers aus einem vorgesehenen Areal entfernt. Es gibt aber auch den Fall, daß sich ein Hund mit Wissen und Auftrag seines Chefs mit unbekanntem Ziel entfernen soll, nämlich bei Jagdhunden. GPS-Altmeister Garmin bietet für diese Anwendung eine spezielle Lösung an, die alle bisher erkannten Fallstricke vermeidet:

Tracking Halsband Garmin K5; Bildquelle: garmin.com

Auch wenn ich dieses Tracking-Halsband noch nie in der Hand gehalten habe, kann man doch einige wichtige Eigenschaften aus der Abbildung und der Produktbeschreibung ableiten:

Der dicke (und vermutlich gewichtige) «Klotz» unten dürfte einen Akku enthalten und durch sein Gewicht sicherstellen, daß dieses Halsband immer seine Orientierung beibehält, sich also nicht um den Hundehals verdreht. Der Akku zieht zuverlässig nach unten.

Die graue Verdickung an der 01:00 Uhr Position dürfte die GPS-Antennen und möglicherweise auch den GPS-Empfänger beinhalten, also freie Sicht auf den Himmel geniessen.

Beim gekrümmten Bügel auf der linken Seite dürfte es sich um die VHF-Antenne handeln, denn dieses Gerät stützt sich nicht auf einem evtl. (oder auch nicht!) vorhandenen Mobilfunknetzt ab, sondern stellt eine direkte VHF-Verbindung auf einem Kanal im genehmigungsfrei nutzbaren Band bei 169.4 MHz zu einem proprietären Garmin-Handgerät her. Für eine derartige Kombination muss man allerdings einen runden Tausender locker machen 😧 …

Das ist ein beachtlicher Betrag – keine Frage. Aber andererseits: wenn ein Billig-Gerät die erforderliche und beworbene Funktion nicht erbringt, sind selbst CHF 50.- herausgeworfenes Geld.

Die Vorteile einer direkten Funkverbindung zwischen Halsband und Handgerät liegen auf der Hand:

  • dieses Konzept funktioniert ohne laufenden Kosten für SIM und Service-Provider
  • es funktioniert auch in Bereichen ohne (zuverlässige) Mobilfunkabdeckung, wie sie in dünn besiedelten Jagdgebieten regelmäßig anzutreffen sein dürften.
  • solange eine Funkverbindung besteht, sind Positionsupdates absolut aktuell, und nicht durch eine u.U. mehrsekündige oder gar mehr-minütige Latenz verwässert.

Auch die Nachteile, soweit ich sie bisher absehen kann, sollen nicht verschwiegen werden:

  • die Funk-Reichweite der Lösung von Garmin soll lt. Hersteller «bis zu» 10 km betragen. Das ist natürlich weit entfernt von der «weltweiten» Abdeckung, die Tractive verspricht (allerdings nicht einhalten kann).
  • der sehr hohe Preis

Das Konzept von Garmin verspricht meiner Meinung nach bestmöglichen GPS-Empfang mit bestmöglicher Funkverbindung, unabhängig von Mobilfunkabdeckung.

Disclaimer: ich habe die von Garmin angebotene Lösung nicht getestet und erhalte auch von niemandem Vergünstigungen für meine Berichte.

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