Im Verlauf eines Beleuchtungsumbauprojekts an unserem Ural-Gespann ergab sich die Notwendigkeit, die Abmessungen eines Kellermann Bullet 1000® möglichst radikal zu verkleinern, ohne das eigentliche Leuchtmittel dabei zu verletzen. Das Resultat vorab:



Das Umbauprojekt der Ural-Beleuchtung werde ich in einem separaten Beitrag auf diesem Blog beschreiben. Im vorliegenden Artikel geht es alleine um die Innereien eines Kellermann Bullet 1000®.
«Bullet 1000®» ist ein eingetragenes Warenzeichen der Kellermann GmbH, Aachen, und wird hier ausschließlich zu Zwecken der Unterscheidung von anderen, möglicherweise ähnlichen Beleuchtungskörpern verwendet.
Unter einem Teardown versteht man im technischen Zusammenhang die Zerlegung (im weitesten Sinne) eines technischen Geräts zum Zwecke des Erkenntnisgewinns. Also um eine Form des Reverse Engineerings. Der Erkenntnisgewinn war für mich nicht der eigentliche Zweck dieser Unternehmung, sondern mir ging es um den Umbau eines käuflich erhältlichen Produkts in ein neues, nicht käuflich erhältliches Produkt für meine speziellen Anforderungen. Trotzdem habe ich im Verlauf dieses Teilprojekts Erkenntnisse gewonnen, welche ich hier konservieren möchte für diejenigen, die es vielleicht nützlich finden.
Typischerweise wird versucht, eine derartige Zerlegung reversibel vorzunehmen, damit man die Einzelteile wieder zum voll funktionsfähigen Original zusammenbauen kann. Von dieser Restriktion musste ich mich radikal verabschieden: wer die nachfolgend beschriebene Zerlegung nachbaut, verliert definitiv jeglichen Garantieanspruch und riskiert, am Ende zwar um Erfahrungen reicher, jedoch um CHF 120 ärmer zu sein und außer einem Haufen Metallspäne nichts Verwertbares mehr in der Hand zu haben – das vorweg.
Zuerst die Bestandsaufnahme des Originals:
Spontan fällt das beachtliche Gewicht von 130 Gramm auf, welches ein einzelner Kellermann Bullet 1000® auf die Waage bringt. Mehr als ich erwartet hatte, und definitiv eine Überraschung auf der positiven Seite. Fühlt sich richtig «wertig» an. OK, das passt zum aufgerufenen Preis von CHF 119.95 pro Stück.
Ich unterscheide im Folgenden zwischen «Grundkörper», «Stiel» und Linse/Reflektoreinheit, kurz: «Linse».
Die weitere Vermessung ergab die folgenden Werte:
Grundkörperdurchmesser vorne | 38.00 mm |
Grundkörper größter Durchmesser | 39.50 mm |
Lage größter Durchmesser hinter Grundkörper VK: | 07.50 mm |
Grundkörperlänge | 48.00 mm |
Linsenvorwölbung ab Grundkörper VK | 02.00 mm |
Stielachse (ab Grundkörper-VK) | 29.00 mm |
Der Kellermann Bullet 1000® scheint vollkommen rotationssymmetrisch bezüglich seiner Haupt-Ausstrahlungsrichtung zu sein, mit Ausnahme seines Befestigungs-Stiels mit M8-Gewinde. Dieser Stiel störte für mein Vorhaben in jeder Hinsicht. Also habe ich dessen unteres Ende mit der Feile beidseitig abgeflacht, und konnte dann mit einer Flachzange mit parallel spannenden Backen und nur wenig Kraft diesen Stiel vom Grundkörper abschrauben. Übrig bleib ein weiterer M8 Gewindestummel, welcher fest mit dem Grundkörper verbunden schien, aber bedeutend weniger störte.

Die ursprüngliche Idee war, einen originalen Kellermann Bullet 1000® weitgehend «naturbelassen» in eine Art Custom-Übergehäuse zu montieren, welches stilistisch und mechanisch an unser Ural-Gespann passen würde. Um den Bullet 1000® in dem geplanten Custom-Gehäuse zu befestigen, wollte ich ihn von vorne einsetzen und am hinteren Ende mit einer axial in den Grundkörper eingebrachten Schraube fixieren. Aber wie das benötigte Gewinde einbringen? Frei-Hand geht so etwas nicht, und anscheinend ist der Bullet 1000® allseitig von gewölbten Flächen begrenzt, welche sich nicht für eine herkömmliche Einspannung eignen.
Also nochmals scharf hingeschaut, und voilà! Der minimale ringförmige Überstand des Grundkörpers an seiner Vorderkante fasst nicht nur die Linse ein, sondern definiert sowohl eine Referenzebene senkrecht zur Rotationsachse, als auch einen Kreisumfang zur Zentrierung. Damit war das Tor zu einer Art «Drehen zwischen den Spitzen» aufgestoßen.
Als Zubehör für den Reitstock meiner Drehbank habe ich eine Mitlaufende Körnerspitze mit wechselbaren Einsätzen.
Da war zwar kein geeigneter Einsatz dabei, aber ich konnte einen solchen aus einem Reststück Aluminium schnell anfertigen:
Und der Bullet 1000® passte mit ganz leichter Spannung hinein sodass immerhin sein Eigengewicht ohne weitere Unterstützung getragen wurde:

Die Gegenseite habe ich in einem Hohlkegel (Öffnungswinkel 60°) zentriert. Die grob ausgefeilte Kerbe dient der Übertragung des Antriebsmoments der Drehmaschine auf das Werkstück.

Und hier das fertige «Gespann»:

Mit mittlerer Drehzahl und sehr kleiner radialer Zustellung (Bereich 0.05 – 0.1 mm) habe ich zunächst die schwarze Lackschicht weg-gekratzt, darunter kam eine harte, graue Grundierung zum Vorschein, und darunter traf ich auf eine erstaunlich dicke Kupferschicht. Im weiteren Fortschritt wurde schließlich das eigentliche, silbrige Metall des Grundkörpers weggeschnitten. Hier das Ergebnis des Abdrehens, soweit es in Richtung Linse bis zum Zentrieradapter möglich war:

Nun hatte ich eine etwa 17 mm lange Zylinderfläche aussen am Grundkörper, welche ich für eine herkömmliche Einspannung im Dreibackenfutter nutzen konnte.

Ab hier war es dann Routine: eine kleine Planfläche an der Spitze des Grundkörpers abgedreht, dort eine Zentrierbohrung eingebracht, dann 3.2 mm vorgebohrt und ein M4-Gewinde eingeschnitten:
Damit war der erste Teil des ursprünglichen Plans realisiert – ein Meilenstein!
Aber, wie das in agilen Projekten häufig passiert, folgte eine Planänderung, welche eine weitere Zerspanung mit dem Ziel der Längenreduktion des Grundkörpers erforderte. Die Einspannung konnte ich so belassen. Also peu à peu weiter axial zugestellt und per Plandrehen in kleinen Schritten den Grundkörper verkürzt.
Bald fiel mir ein verändertes Geräusch beim Drehen auf, welches typisch für einen unterbrochenen Schnitt ist. Zuerst dachte ich, der Grundkörper sei weitgehend massiv, und ich hätte einen Lunker angeschnitten, aber beim weiteren Zerspanen öffnete sich ein echter und offensichtlich geplanter Hohlraum und gab einen ersten Blick auf eine innen befindliche SMD-Platine frei. Echt spannend!

So ähnlich müssen sich Schatzjäger beim Eindringen in eine für die Ewigkeit versiegelte Pyramide gefühlt haben! Also weiter abgedreht, bis zum vorläufigen Endpunkt:

Mehrere Dinge finde hier bemerkenswert:
- Zum einen die Erkenntnis, das der Grundkörper ein echter Hohlkörper ist, mit einer Wandstärke von nur etwa 2 mm. Was das anfangs festgestellte Gewicht von 130 Gramm umso erstaunlicher macht. Inzwischen schätze ich die Dichte des Grundkörper-Materials auf ca. 6 g/cm3. Ich rätsle allerdings weiterhin über das Material.
- Die Vergussmasse im Inneren der Gewindehülse hatte sich übrigens im Inneren des Grundkörpers in einem großzügigen Klecks fortgesetzt, welche sich als extrem hart erwies und noch vor der Aufnahme des obigen Fotos mit mittlerer Gewalt von mir bergmännisch abgebaut werden musste. Ich tippe auf einen ausgehärteten 2K-Klebstoff wie z.B. Stabilit Express.
- Die Gewindebuchse selbst ist in den Grundkörper eingeklebt, und nicht etwa eingeschraubt. Es gibt angesichts der Festigkeit und nahezu vollständigen Füllung der Gewindehülse mit der Vergussmasse keine Hoffnung auf ein Ausdrehen der Buchse aus dem Grundkörper, bei dem die Kabel und ihre Verbindung mit der Platine keinen Schaden nehmen würden. Das war eine wichtige Erkenntnis für mich, und so entschied ich mich schweren Herzens, die Kabel auf der Innenseite möglichst weit oberhalb der Platine abzuzwicken. Damit ich später noch die benötigte Verlängerung würde anlöten können.
- die zentrische Bohrung oberhalb der Gewindehülse habe übrigens ich zu verantworten: als Vorbohrung für das M4-Gewinde bin ich da eindeutig übers Ziel hinausgeschossen.

Die nächsten paar Millimeter Verkürzung habe ich dann abgestochen (das heißt wirklich so). Nach Bereinigung der Schnittfläche bot sich der folgende Anblick:
Auch wenn das obige Bild nicht sämtliche Details zeigt:
Die Linse scheint durch eine schwarzen Kunststoffscheibe von ihrem axialen Anschlag im Grundkörper getrennt zu sein, und scheint «irgendwie» die Platine Huckepack zu tragen. Immerhin muss die elektrische Leistung von der Platine in die Linse eingeleitet werden.
Meine Neugierde war aber noch nicht ganz befriedigt. Also habe ich die «Kapsel» rückwärtig durch die Linse durchleuchtet und von der Platinenseite her betrachtet:

Was die elektrische Verbindung zwischen Linse und Platine angeht, liefern die beiden folgenden Bilder Hinweise:
An dieser Stelle habe ich dann kapituliert. Denn ich wollte nicht im letzten Moment noch die offensichtlich delikate elektrische Verbindung zwischen Platine und Linse durch Zerstörung der metallischen Aussenhülle gefährden.
Der Grundkörper ist ein fugenloses Feinguss-Bauteil ohne jegliche Spuren irgendeiner spanhebenden Bearbeitung. Das Bündel aus Linse und Platine wird ganz zweifellos von vorne in den Grundkörper eingeführt und eingeklebt, ebenso die Kabel in der Gewindehülse, womit sich auch die letzte Hoffnung auflöst, den Kellermann Bullet 1000® zerstörungsfrei zerlegen zu können.

iFixit hätte auf der Reparierbarkeits-Skala 0/10 Punkten vergeben. Wohlwollend kann man formulieren, daß der Kellermann Bullet 1000® sehr zuverlässig gegen das Eindringen von Feuchtigkeit, Fremdkörpern und neugierigen Blicken geschützt ist. Gegen strukturierte Gewalt ist natürlich auch der gewiefteste Konstrukteur machtlos 😉
Mit einem Durchmesser der Kapsel von nun nur noch 37.8 mm und einer Länge von 19 mm ist mein Anspruch an eine Verkleinerung des Leuchtmittels für den beabsichtigten Zweck mehr als zufriedenstellend erfüllt – ein neuer Meilenstein!
Zum Schluss noch das erfreuliche Ergebnis:
die Elektronik hat bisher keinen Schaden genommen. Ich habe das über die verbliebenen, inzwischen verzinnten Kabelstummel ausprobiert, mittels eines Batterie-Erhaltung-Ladegeräts, mit Leerlaufspannung von ca. 13.3 V. Bei Strombegrenzung auf 30 mA hat nur die Positionsleuchte geleuchtet, auch bei Beaufschlagung des Blinkerkabels, aber in Stellung 300 mA hat dann auch das Blinklicht geleuchtet. Also bis hierher scheint alles im Grünen Bereich zu sein 😎
Ein kleines Herzschlag-Finale steht für mich als Maschinenbauer noch aus, wenn ich die Kabelstummel aus der Platine auslöte und wieder lange Kabel einlöten muss. Aber wird schon gut gehen, wie bisher auch fast immer …
Update am 11.08.2020:
Bullet 1000® und ich haben das Herzschlag-Finale überlebt. Ich habe die Lötspitze meines kleinsten Lötkolbens (15W) frisch angefeilt und verzinnt, und dann kurz und schmerzlos die Stummel ab-löten können. Die waren tatsächlich nur stumpf _auf_ die Pads auf der Platine aufgelötet, und nicht etwa durchgesteckt und auch von der Rückseite her verlötet. Dann die früher (s.o.) abgezwickten Kabel kurz (ca. 1 mm) abisoliert und verzinnt, dann in der richtigen Reihenfolge/Farbzuordnung 😉 wieder genauso kurz und schmerzlos angelötet.
Vor der erneuten Versiegelung mittels eines selbstgefertigten Deckelchens und UHU-Plus Endfest noch ein kurzer «Smoke-Test»: Funktioniert weiterhin tadellos, ohne erkennbare Rauchentwicklung.
