Meine erste Modell Dampfmaschine «Danni» läuft inzwischen, und das sogar ziemlich gut. Ich konnte sie vom Start weg bereits mit Lungen- bzw. Zwerchfellkraft betreiben, wenn auch jeweils nur für wenige Sekunden am Stück.
Der Konstrukteur dieser Dampfmaschine, Herr Bengs vom gleichnamigen Modellbaugeschäft meinte dazu anerkennend, dies sei ein Indiz für die hohe Präzision der Bauausführung. So ein Kompliment aus berufenem Mund freut den Modellbauer natürlich. Manche könnten sich an dieser Stelle fragen, was es denn dann noch zu optimieren gebe?
Inzwischen habe ich zwar herausgekriegt, wie ich «Danni» mit einer Fahrrad-Standpumpe wesentlich müheloser als mit Lungenkraft betreiben kann, siehe einleitendes Video.
Danni verfügt mit einem Bohrungs-ø von 15 mm und einem Hub von 18 mm über einen Hubraum von 3.18 cm³ . Da der Kolben von Danni doppeltwirkend ist (von beiden Seiten mit Druck beaufschlagt werden kann), fällt bei jeder Kurbelwellenumdrehung zweimal der Hubraum an, insgesamt also 6.36 cm³ pro Umdrehung.
Meine Park Tool PFP-3 Standpumpe weist ein Hubvolumen von ca. 325 cm³ auf. Mit einem (1) Hub dieser Pumpe kann ich Danni je nach Tempo meines Hubs rund 20 volle Umdrehungen entlocken. Schnelle Hübe bringen mehr, bei langsamen Hüben scheint der Leckstrom in der Pumpe selbst in den Vordergrund zu treten. Der Handgriff sinkt nämlich aus seiner ausgezogenen Lage innerhalb von ca. 20 Sekunden unter Eigengewicht langsam bis zur Ruhelage nach ganz unten ab, natürlich ohne Danni dabei bewegen zu können.
Das Hubvolumen von Danni während 20 Umdrehungen erreicht somit mit rund 127 cm³ etwa 40% des Hubvolumens meiner Standpumpe. Ich muss diese Beobachtung zunächst ohne Interpretation so stehen lassen, weil mir Vergleichswerte fehlen.
Ich warte derzeit noch auf benötigte Teile, um auf der Basis einer 1.5 Liter PET-Mehrwegflasche einen portablen Druckluftspeicher zu basteln. Und spätestens dann sollte mit dem doch sehr limitierten Druckluftvorrat möglichst ökonomisch umgegangen werden. Weiterhin finde ich eine extrem niedrige und dabei noch stabile Leerlaufdrehzahl wesentlich beeindruckender als ein hochtourig ratterndes Maschinchen. Wobei auch «Rattern» für meine empfindlichen Ohren bereits ein untrügliches Kennzeichen für Effizienzverluste im weitesten Sinne ist. Denn «Dannis» Konstruktion ist derart, dass eigentlich alles «rund» laufen müsste und nahezu lautlos … 😉
Alles dicht?
Bei meinen ersten Versuchen mit der Standpumpe habe ich auch ein paarmal ordentlich Druck gemacht, d.h., den Handgriff richtig schnell nach unten gedrückt. Der Zeiger des Manometers touchierte kurz die 2 bar Marke. Speziell bei Startversuchen aus einer Umkehrlage des Kolbens heraus (funktioniert übrigens nicht) konnte man die Druckluft aus diversen Ritzen zischen hören und auch mit den Lippen bzw. im Auge spüren. Da brauchte es kein Lecksuchspray, so offensichtlich war das. Also habe ich alle Fugen rund um druckluftführende Hohlräume mit Hylomar abgedichtet. Profitiert haben:
- die Fugen zwischen Zylinderdeckeln und Zylinder
- die Fugen zwischen Schieberkastendeckelchen und Schieberkasten
- der rechteckige Flansch für die Druckeinleitung in den Schieberkasten.
Wenn ich nun den Auslass mit dem Finger verschliesse und Druck aufsetze, bläst es nur noch an den Kolbenstangendurchführungen durch die Zylinderdeckel, sowie an der Schieberkolbenstange durch ihr KW-seitiges Deckelchen hindurch. Diese sind sämtlich auf Mass gerieben – da lässt sich vorläufig nichts weiter ändern. Ich habe schon überlegt, die Innenseite der Zylinderdeckel passend auszubohren und leicht schleifende, jedoch nahezu reibungsfreie Dichtungen aus Stückchen PTFE-Schlauch (Teflon) einzusetzen. Ist vielleicht ein separates Projektchen für Stufe 2, oder auch «Extrem-Optimierung» …
Steuerzeiten!
Die folgenden Illustrationen basieren alle auf dem massstäblichen, digitalen 3D-Modell von «Danni», welches ich als Grundlage meiner Interaktiven 3D-Animation von «Danni» angefertigt hatte. Einige Bauteile sind dabei zur Verdeutlichung der Zusammenhänge teil-transparent dargestellt, andere u.U. ausgeblendet.
Die Bedeutung sowie Einstellung der Steuerzeiten wird in der zum Bausatz von Danni gehörende Bauanleitung erstaunlich stiefmütterlich behandelt. Also der Zeiten, zu denen die Druckluftzufuhr von einer Zylinderkammer auf die jeweils andere wechselt. Dabei ist die Sache einfach zu beschreiben:
Die Kolben des Schiebers dürfen nicht zeitgleich mit dem Kolben der Dampfmaschine ihre jeweiligen Umkehrlagen erreichen. Vielmehr müssen die Kurbelwinkel, an denen die Schieberkolben ihre Umkehrlagen erreichen, einen Phasenwinkel von ±90° zu den Kurbelwinkeln einnehmen, an denen der Kolben seine Umkehrlagen einnimmt.


Das Vorzeichen des Phasenwinkels (plus oder minus) bestimmt dabei die Drehrichtung der Drehmaschine. Dieser Sachverhalt bildet übrigens den technischen Kern der Stephenson Umsteuerung, wie sie im Dampfmaschinen-Bausatz «Leni» verbaut ist.
Den Phasenwinkel stellt man wie folgt ein: Kolben in einen der Totpunkte (=Umkehrlagen) bringen. Dazu das Schwungrad von Hand drehen, bis die Kröpfung der Kurbelwelle parallel zur Grundplatte steht. Das System befindet sich dann in einer der beiden folgenden Lagen:
- Strecklage: entspricht OT bei einem herkömmlichen Hubkolbenmotor. Kurbelwellendrehachse, Hubzapfenachse und oberes Pleuelauge liegen gleichzeitig in der durch die Kurbelwellenachse verlaufenden Horizontalebene. Dabei befindet sich die Hubzapfenachse zwischen Kurbelwellendrehachse und Achse durch das obere Pleuelauge.
- Decklage: entspricht UT bei einem herkömmlichen Hubkolbenmotor. Kurbelwellendrehachse, Hubzapfenachse und oberes Pleuelauge liegen gleichzeitig in der durch die Kurbelwellenachse verlaufenden Horizontalebene. Dabei befindet sich die Kurbelwellendrehachse zwischen Hubzapfenachse und Achse durch das obere Pleuelauge.
In einer dieser beiden Stellungen wird die Exzenterscheibe derart auf der Kurbelwelle fixiert, dass deren grösster Radius exakt(!) senkecht zur Grundplatte nach oben steht. Fertig.
Symmetrie!
Symmetrie Zylinder
Der Zylinder von Danni ist symmetrisch aufgebaut relativ zu einer Ebene senkrecht zur Zylinderachse. Aus den Bauteilzeichnungen lässt sich ablesen, dass der Zylinder exakt 34.0 mm lang ist, bzw. lang sein soll. Auf beiden Seiten werden die Zylinderdeckel jeweils 4.0 mm tief in den Zylinder eingesetzt. Die Höhe des verbleibenden Zylinderhohlraums reduziert sich dadurch auf 26.0 mm. Der Kolben hat eine Höhe von 6.0 mm, so dass er sich (von Anschlag zu Anschlag) um 20.0 mm hin und her bewegen könnte.
Die Kurbelwelle von Danni hat einen Kurbelradius von 9.0 mm, so dass sich ein tatsächlicher Kolbenhub von 2 x Kurbelradius = 18.0 mm ergibt. Diese 18.0 mm Hub des Kolben sollten optimalerweise so im Zylinder angeordnet sein, dass sich in jeder Umkehrlage des Kolbens ein gleich grosser freier Luftraum im Zylinder von exakt 1.0 mm Höhe ergibt.
Wie kann man das prüfen?
Wenn Schieberkasten und Zylinder noch nicht miteinander verlötet sind, kann man in den Umkehrlagen des Kolbens durch die jeweilige Lufteinlassbohrung in den Zylinder die äussere Kante des Kolbens auf beiden Seiten gleich weit den Bohrungsquerschnitt überdecken sehen:


Alternativ, wenn Schieberkasten und Zylinder bereits miteinander verlötet sind, prüft man den Freiraum im OT am wenigsten invasiv durch Demontieren des äusseren Zylinderdeckels und Messen mittels des Tiefenmessfingers einer Schieblehre.

Im OT muss das Mass 5.0 mm betragen: 4.0 mm für den in den Zylinder ragenden Teil des Zylinderdeckels, plus 1.0 mm für den benötigten freien Luftraum.
Was kann man tun, wenn das benötigte Mass abweicht?
Sich ärgern. Nein, nur ein Scherz 😉
Ich hatte in meinem ersten Versuch sogar richtig krass daneben gehauen, und den Kurbeltrieb komplett blockiert. Ich habe das Problem dadurch behoben, dass ich ein neues, längeres Pleuel angefertigt habe (Teil 14 aus der Danni Teileliste). Dabei habe ich mich zur Sicherheit vom «langen Ende» her der Lösung genähert und zuerst den ø 4.0 mm Teil länger gefertigt als angegeben. Natürlich den Zapfen mit M3 Gewinde trotzdem in der benötigten Länge gefertigt. Nach Einbau und Mass-nahme konnte ich dann den ø 4.0 mm Zapfen auf das benötigte Mass einkürzen und das M3-Gewinde bis an die neue Lage des Bunds nachschneiden. Es mag auch andere Möglichkeiten der Korrektur geben – die Wahl hängt immer auch von der Ursache des Fehlers ab. Ich habe mich in meinem Fall zur Verlängerung des Pleuels entschieden, weil Danni «ab Werk» ein extrem grosses (und kinematisch eigentlich ungünstiges) Pleuelstangenverhältnis aufweist. Und ich das durch Verlängerung des Pleuels ein wenig entspannen konnte.
Symmetrie Schieberkasten
Vorsicht: die folgenden Ausführungen geben einen inzwischen teilweise überholten Erkenntnisstand wieder. Bitte vor irreversiblen (spanhebenden) Bearbeitungen von Bauteilen unbedingt den Folgeartikel beachten!
Auch der Schieberkasten ist symmetrisch aufgebaut in Bezug auf eine senkrecht zur Zylinderachse stehende Ebene, und zwar die gleiche Ebene wie beim Hauptzylinder. Hier ist der Zylinder zunächst genauso lang wie der Schieberkasten selbst, nämlich 30.0 mm. Auch hier wird der Innenraum beideitig durch hineinragende Führungszapfen der Schieberkastendeckelchen von jeweils 3.0 mm Länge auf nur noch 24.0 mm verkürzt. Der Doppelkolben des Schiebers hat von Aussenkante bis Aussenkante eine Länge von 14.0 mm, so dass sich ein Bewegungsspielraum aus der Mittellage von ± 5.0 mm, insgesamt 10.0 mm ergibt. Da die Exzentrizität des Exzenters 3.0 mm betragen soll, vollführt der Schieberkolben einen Hub um seine Mittellage von ± 3.0 mm, insgesamt 6.0 mm. Bei symmetrischer Plazierung des Kolbenhubs in der Schieberbohrung muss in beiden Umkehrlagen ein ungenutztes Volumen von jeweils 2.0 mm Höhe bis zu den Schieberkastendeckeln verbleiben:


Wie kann man das prüfen?
Analog zum Hauptkolben durch vorübergehende Demontage des äusseren Schieberkastendeckelchens. Danach von Hand die Kurbelwelle durchdrehen, bis der Schieber maximal weit eingeschoben ist. In dieser Lage muss man mit dem Tiefenmass der Schieblehre 5.0 mm vom nun offenen Ende des Schieberkastens messen können:

Was kann man tun, wenn das benötigte Mass abweicht?
Der leichteste Weg dürfte über eine Anpassung der beiden Gelenkhälften des Koppelgelenks zwischen Exzenteraussenring und Schieberkolbenstange führen, Teile 20 aus Dannis Teileiste. Aus rein ästhetischen Gründen (Symmetrie) ist zu bedenken, eine evtl. erforderliche Korrektur gleichmässig auf beide Hälften des Gelenks zu verteilen.
Warum ist die Symmetrie so wichtig?
Wenn man Wert legt auf die niedrigst-mögliche Leerlaufdrehzahl, sollte man den mindestens benötigten Schwung zum Durchfahren der antriebslosen Phasen in der Umgebung der Kolben-Umkehrlagen so niedrig wie möglich halten.
Wenn die Schieberbewegung nicht symmetrisch zur Symmetrieebene des Schieberkastens/Zylinders liegt, wird in einer Umkehrlage des Schiebers der frische Antrieb in die neue Bewegungsrichtung des Kolbens früher, und in der anderen Umkehrlage später einsetzen. Die Überwindung der Umkehrlage, in der der Schub in die neue Bewegungsrichtung des Kolbens erst später einsetzt, erfordert höhere Energiereserven des Schwungrads, folglich eine höhere Drehzahl. Die mindestens erforderliche Energie des Schwungrads für die Aufrechterhaltung einer kontinuierlichen Drehung der Maschine richtet sich immer nach der am schwierigsten zu überwindenden Phase. Die benötigte Energie zur Überwindung beider antriebslosen Phasen in den Umkehrlagen des Kolbens ist genau dann minimal, wenn sie auf beiden Seiten gleich gross ist.
Fun fact: ich hatte bisher das Auspuff-Röhrchen nicht montiert. Daher konnte ich durch das in der Symmetrieebene(!) liegende Loch oben im Schieberkasten die Bewegung der Schieberkolben beobachten. So bin ich darauf aufmerksam geworden, dass in der Kurbelwellen-fernen Umkehrlage des Schiebers der linke Kolben die Auspuffbohrung ziemlich exakt zur Hälfte überdeckte (1.5 mm), während in der Kurbelwellen-nahen Umkehrlage des Schiebers der rechte Kolben überhaupt nicht durch die Auspufföffnung sichtbar wurde (weniger als 0.0 mm). Das war anfangs offensichtlich nicht symmetrisch.
Bei perfekt symmetrischer Lage des Schieberhubs im Schieberkasten wird in beiden Umkehrlagen des Schiebers eine Kolbenkante jeweils exakt 0.5 mm weit den Querschnitt der Entlüftungsbohrung überlappen:


Besonders bemerkenswert daran ist, dass ich genau diese kritische Bohrung für die Achse zwischen den beiden Hälften des Koppelgelenks als Beleg dafür angeführt hatte, dass ich nun das Bohren «an sich» beherrsche. Blöd ist daran, dass mein Zielmass von 70.0 mm leider um exakt 1.0 mm zu gross war, und ich eigentlich 69.0 mm hätte anpeilen sollen. Also: habe ich zwar mein Ziel exakt getroffen, allerdings war es das falsche. 🙄
Läuft wie geschmiert?
Der Spruch kommt nicht von ungefähr. Mit Schmierung, der Techniker nennt das eine «hydrodynamische Trennung von Bauteiloberflächen mit Relativbewegung», lässt sich eine Menge erreichen. Klassische Kandidaten für ein gelegentliches Tröpfchen Öl sind die Kurbelwellenlager, für die Herr Bengs extra kleine Trichter in die oberen Lagerschalen hineinkonstruiert hat. Auch zwischen Exzenter und Exzenteraussenring tut eine gelegentliche kleine Ölung sicher gut. Die linearen Bewegungen der Kolbenstange in ihren beiden Führungen, des Kolbens im Zylinder, der Schieberstange im Schieberkastendeckel, nicht zu vergessen vom Schieber in seiner Führungsbohrung freuen sich ebenfalls alle über ein gelegentliches Tröpfchen Öl. Ich werde für die Reibpaarung von Kolben und Zylinder sowie von Schieber im Schieberkasten einmal mit Festschmierstoff (a.k.a. Graphitpulver) experimentieren. Weiter freut sich auch das Pleuelhauptlager auf der Kurbelwelle über eine gelegentliche Schmierung, wobei nach meinem Eindruck die seitliche Reibung des Pleuels an den Kurbelwangen der Haupt-«Reiber» zu sein scheint.
Mit den beschriebenen Massnahmen und einer bisher noch unstabilen (d.h.: wenig konstanten) Druckluftversorgung bin ich schon auf eine kleinst-mögliche Drehzahl von ziemlich genau 1 Umdrehung/Sekunde herunter gekommen. Gemessen mit einem Laser-Drehzahlmesser mit Messbereich von 2.5 bis 99’999 U/min.
Ich bin gespannt, ob ich mit einer stabilisierten Druckluftversorgung (und zwar nicht nur auf der Basis einer PET-Mehrwegflasche) da noch etwas herausholen kann.