Nun ist Sie weg …

Nach fünf guten Jahren haben wir uns schliesslich von unserem URAL-Seitenwagengespann getrennt. Wir hatten gemeinsam rund 6’000 km unter die Räder genommen, aber jetzt war es an der Zeit, dass wir getrennter Wege gehen.

Sie geht: die nächsten Abenteuer erlebt sie mit einem neuen Besitzer!

Ursprünglich war es Ursulas und mein Plan gewesen, nach meiner Pensionierung gemeinsam mit dem Gespann nach St. Petersburg zu fahren. Meine Pensionierung liegt inzwischen bereits ein gutes Jahr zurück. Aus aktuellem geopolitischen Anlass erscheint es uns aber nicht mehr opportun, Länder wie Polen oder die baltischen Staaten zu durchqueren. Immerhin sind dies Länder, die «alles Russische» ablehnen, so dass wir bei einer allfälligen Panne mit einem russischen URAL-Seitenwagengespann nicht mehr unbedingt auf Wohlwollen hätten zählen dürfen.

Und dann hatten Ursula und ich noch geplant, auf gelegentlichen kleineren Touren in der Schweiz unsere frühere Appenzeller Sennenhündin «Ginger» mitzunehmen. Leider hat uns Ginger vor zwei Jahren nach kurzer und akuter Krankheit verlassen, und unsere neue Hündin «Xändi«, ebenfalls eine Appenzeller Sennenhündin, zeigt sich als ausgesprochen vorsichtig und schreckhaft – jedenfalls nicht Gespann-tauglich. In der Summe der genannten Umstände konnten wir nicht ignorieren, dass die ohnehin geringe jährliche Fahrleistung beständig abgenommen hatte. Auch wenn die Ural äusserlich rustikal und altertümlich daherkommt: darauf zu warten bzw. hoffen, dass sie irgendwann einmal den Status eines echten Oldtimers und evtl. den damit einhergehenden Wertzuwachs erfahren würde, dazu ist sie zu jung und wir bereits zu alt. Ein evtl. doch irgendwann einmal beginnender Wertzuwachs würde durch die bis dahin aufgelaufenen Lagerkosten (Garagenmiete!) längst aufgefressen worden sein.

Der erst kurz zurückliegende Jahreswechsel ist regelmässig eine Zeit des Bilanzierens, und so haben wir diesmal aufgrund der oben geschilderten Überlegungen den Beschluss gefasst, die Ural zu verkaufen. Häufig liest man bei solchen Anläsen soetwas wie: man habe sich «schweren Herzens» getrennt. Aber unsere Herzen sind diesbezüglich «leicht». Die Ural und wir hatten eine turbulente Zeit miteinander, haben etliche schöne Touren unternommen, viele wohlwollende Blicke geerntet und Interessierten oft bereitwillig Auskunft über Herkunft, Geschichte und technische Details gegeben. Auch hatte ich Gelegenheit, viele spannende, erkenntnisreiche und gelegentlich auch mit Adrenalinausstoss verbundene Versuche zur Fahrphysik eines Gespanns zu unternehmen.

Renngespann und Ural unterscheiden sich zwar in den Abmessungen – die Fahrphysik ist aber für beide gleich!

Selbst die unvermeidlichen Umbauten kamen nicht zu kurz. Die Kategorie «Motorrad/Ural» dieses Blogs gibt Auskunft über alle unsere gemeinsamen Erlebnisse.

Kurz: wir hatten es lässig miteinander, aber jetzt ist diese Phase für uns abgeschlossen. Wir konnten sie zu einem fairen Preis in gute, Gespann-erfahrene Hände abgeben: an einen Landwirt aus dem Kanton Luzern, der gemeinsam mit seiner Partnerin über sechs motorisierte Zweiräder, diverse PKW und vier Traktoren verfügt und offensichtlich auch viel Platz für diesen beachtlichen Fuhrpark.

Die Verladung war dann noch ein letztes gemeinsames Abenteuer für uns alle: Armin, der neue Besitzer, war mit PKW und einem Viehanhänger für den Schaftransport angereist. Anstatt die Laderampe in voller Breite zu nutzen, entschied sich Martin, über zwei lose aufgelegte(!) Auffahrschienen für Zugmaschine und Beiwagenrad das Gespann in den Anhänger zu verladen. Ich bekam die Ehre, auf dem Boden stehend mit Gashand und schleifender Kupplung am Lenker zu zielen und den Hauptteil des Höhenunterschieds mit Motorkraftunterstützung zu bewältigen, während Armin mit Muskelkraft am Boot Hand anlegte. Den letzten halben Meter, als meine Arme schliesslich zu kurz wurden, haben wir dann beide mit Muskelkraft geschafft. Ich frage mich, wie sich Armin das Ausladen vorgestellt hat. Hoffentlich hat er einen kräftigen Helfer oder eine kleine Seilwinde für ein kontrolliertes Entladen …

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