Mein mehrfach erwähntes «Druckprojekt» hat inzwischen das Prototyp-Stadium erreicht. Der beauftragte Dienstleister hatte mir nach einem Telefonat auf der Basis meines im Vektorformat (svg) zugesandten Designs zwei Musterausdrucke zugeschickt:

Wer die beiden vorhergehenden Beiträge nicht gelesen hat oder nicht lesen möchte:
ich möchte das vorstehende Motiv im Weissdruck auf transparente Klebefolie gedruckt haben, mit dem DESMO Schriftzug in Ducati-rot, zwecks Aufklebens auf geeignete schwarze Untergründe auf z.B. meinen beiden Bikes oder am Autoheck. Um nach fünf Jahren vielzutun.ch mal ein bischen Eigenwerbung für eine Gute Sache zu machen. 😇
Zentraler Motivbestandteil meines Designs ist obiger QR-Code in Version4, welcher eine Grösse von 33 x 33 Modulen aufweist. So werden die quadratischen «Klötzchen» genannt, aus denen sich jeder QR-Code zusammensetzt.
Da ein QR-Code auf einem völlig gleichmässigen Raster aus quadratischen Zellen mit geradlinigen, theoretisch perfekt kantenscharfen horizontalen und vertikalen Farbwechseln beruht, eignet er sich extrem gut für quantifizierbare Aussagen zur Qualität des Digitaldrucks. Ich hatte durch Vektorisierung des DESMO-Schriftzugs und Vektorisierung des QR-Codes optimale Voraussetzungen für einen präzisen und kantenscharfen Ausdruck beigesteuert. So war ich sehr interessiert daran zu erfahren, wieviel Präzision letztlich im Druckergebnis übrig bleiben würde.
Um die folgenden Beobachtungen bzw. Messungen fair und reproduzierbar zu gestalten, habe ich die Trägerfolie auf der Rückseite des Musterausdrucks abgelöst und den Aufkleber auf die schwärzeste und glatteste Fläche aufgeklebt, die ich greifbar hatte: den Bildschirm meines iMac im Ruhezustand, wie eingangs abgebildet. Den aufgeklebten Sticker-Ausdruck habe ich möglichst frontal abfotografiert.
Dann habe ich das resultierende Digitalfoto in beiden Achsen Trapez-entzerrt, achsparallel horizontal und vertikal ausgerichtet und minimal entlang einer Achse skaliert, um ein möglichst perfekt quadratisches Bildseitenverhältnis Breite/Höhe von 1.00 für den QR-Code zu erhalten.
In Gimp habe ich dann ein Linienraster über das Bild gelegt und Rasterweite und -versatz so konfiguriert, dass der QR-Code bestmöglich von 33 x 33 Rasterzellen (s.o.) abgedeckt war:

Nachdem das Raster konfiguriert und positioniert war, habe ich mir eine Region ausgesucht, in der sowohl weisse Module vorkommen, die allseitig von schwarzen Modulen umgeben sind, als auch schwarze Module, die allseitig von weissen Modulen umgeben sind und habe die Vergrösserung auf 400% erhöht, bei gleichbleibender Rasterteilung. An dieser Stelle habe ich das Raster nochmals fein-positioniert, um die bereits schemenhaft erkennbaren Grenzüberschreitungen sowohl horizontal gleichmässig hinsichtlich vertikaler Rasterlinien, als auch vertikal gleichmässig hinsichtlich horizontaler Rasterlinien zu «zentrieren»:

Ich hatte bei der Aufbereitung der Druckdaten für den QR-Code in Inkscape die Anzahl der auf ein Modul entfallenden Drucker-Dots zu exakt 36.0 konfiguriert, um bei vom Dienstleister vorab angegebenen 600 dpi Druckerauflösung auf
- 33 Module x 36 dots/Modul = 1188 dots,
- entsprechend (bei 600 dpi) 1.98 inch Breite
- entsprechend 50.292 mm Breite im Ausdruck
zu kommen.
Also habe ich nun die oben ermittelte Rasterweite auf 1/36 des bisherigen Werts verkleinert, um einen Blick auf die Abmessungen bzw. Grenzen der Drucker-Dots zu erhalten:

Dem Abzählen von Druckerdots in Breite und Höhe einzelner Module stehen nun nur noch die «Unschärfezonen» im Übergangsbereich zwischen weiss gedruckten Modulen und schwarzem Hintergrund im Wege. Mittels der «Posterisieren» Funktion in Gimp auf nur zwei Stufen kann man Dots mit Grauwerten ober- bzw. unterhalb eines bei 50% Intensität liegenden Schwellenwerts entweder auf die schwarze oder weisse Seite «zwingen». Nicht anders übrigens, als es während der Bildanalyse in jeder QR-Code Scan-Software geschieht. Das Ergebnis sieht schliesslich wie folgt aus:

Für das erleichterte Abzählen kann man nun noch auf die maximale Vergrösserung von 800% wechseln, was ich auch gemacht hatte. Zur Erinnerung: idealerweise würde jedes Modul in Höhe und Breite jeweils exakt 36 Pixel/Dots abdecken.
Hier nun meine Ergebnisse:
Breite | 𝚫-Breite | Höhe | 𝚫-Höhe | |
Modul weiss | 42 | +6 | 38 | +2 |
Modul Schwarz | 30 | -6 | 34 | -2 |
Es ist interessant, dass sich je ein Paar aus neben- oder übereinander liegenden weissen und schwarzen Modulen auf eine Gesamtbreite bzw. -höhe von 2 x 36 = 72 Dots ergänzen, obwohl die weissen Module regelmässig signifikant zu breit und leicht zu hoch ausfallen. Das spricht immerhin für die grundsätzliche Positioniergenauigkeit des Druckerkopfs. Die weissen Module machen sich also zu breit, was vollständig zu Lasten der schwarzen Module geht.
Ich habe zur Sicherheit die Messung/Zählung noch an zwei weiteren Positionen innerhalb des gleichen QR-Codes vorgenommen und komme auf nahezu identische Werte.
Damit liegt ein flächendeckendes und systematisches Problem vor.
Bisher hatte ich nur den QR-Code betrachtet, weil ich dort die Anzahl Dots pro Modul absichtlich auf einen ganzzahligen Wert gesetzt hatte um Antialiasing auszuschliessen. Im Bereich des DESMO-Logos wirken sich die beschriebenen Effekte leider noch stärker aus. Auch hier hatte ich als Gesamtbreite 1188 Dots «bewilligt». Allerdings unterteilt sich das DESMO-Logo in der Breite sogar in 49 gleich grosse, quadratische Rasterzellen anstatt 33 wie beim QR-Code. Wir haben es hier also mit feineren Strukturen und (potenziell) mehr Farbwechseln auf gleicher horizontaler Distanz zu tun.


Im Ausdruck stellt sich folglich für rot bedruckte Zellen sogar die 1.8-fache Breite der unbedruckten Leerräume ein, obwohl lt. Vorlage leere und farbige Zellen exakt in der gleichen Rasterweite hätten ausgeführt werden müssen. Der Designer Giorgio Giugiaro, der mit seinem bekannten DUCATI-Logo unwissentlich für das DESMO-Logo Pate gestanden hatte, wäre vermutlich «non divertito» (not amused).
600 dpi?
Mir wurde an dieser Stelle bewusst, das ein Ausdruck das Produkt einer Kette von Verarbeitungsschritten ist, und dass deren Ergebnis nicht durch das stärkste Kettenglied geprägt wird sondern durch deren schwächstes. Eigentlich trivial, aber doch immer wieder unerwartet. Welches sind die Glieder der vorliegenden Verarbeitungskette? Spontan fallen mir ein:
- Druckdaten
- Drucker
- Substrat
- Prozessführung
Druckdaten
Die Druckdaten wurden vollständig vektorisiert als svg-Datei angeliefert. Der QR-Code wird darin dabei ausschliesslich durch <rect> Elemente beschrieben, welche exakt geradlinige und achsparallel ausgerichtete Kanten aufweisen. Das sind optimale Voraussetzungen. Daran kann der Qualitätsverlust also meiner Meinung nach nicht liegen.
Drucker
Der Dienstleister hatte im Telefonat die Verwendung eines 600 dpi Grossformatdruckers angekündigt. Ich habe keinen Anlasss, an dieser Aussage zu zweifeln. Sind doch 600 dpi-fähige Drucker schon seit Jahren selbst im Consumer- und Home-Office Bereich als Tintenstrahldrucker und Farblaserdrucker für niedrige dreistellige Frankenbeträge verfügbar. Zumindest halte ich die Einhaltung der Positioniergenauigkeit von Druckkopf bzw. -schlitten in 600 dpi Genauigkeit für im unteren Bereich des aktuellen Stands der Technik liegend. Den Drucker selbst sehe ich also auch nicht als Hauptverdächtigen.
Substrat
Mit Substrat ist das Material gemeint, welches bedruckt wird. Es liegt auf der Hand, dass man kein kantenscharfes Ergebnis erwarten kann, wenn man ein paar Tintentropfen auf ein stark saugendes Löschpapier fallen lässt. Hier wurde jedoch auf eine Kunststofffolie gedruckt, mit dichter, nicht-saugender Oberfläche. Das sollte eine kantenscharfe Darstellung zumindest nicht behindern. Bleibt die …
Prozessführung
Die steht tatsächlich im Fokus meines Verdachts. Die ausführende Mitarbeiterin des Dienstleisters erwähnte mir gegenüber im Telefonat, dass sie den Weissdruck in zwei Lagen vornehmen musste, um eine deckende Schicht zu erhalten. Und tatsächlich wird beim gewählten Druckverfahren sogar für den prüfenden Finger eines Laien spürbar Material aufgetragen: der mittels UV-Bestrahlung ausgehärtete Weissauftrag weist eine Dicke von 45 µ, der weiss unterdruckte Rotdruck sogar eine Dicke von 70 µ auf. Man fühlt sich beim Darüberstreichen mit dem Finger beinahe an Blindenschrift erinnert. Als drucktechnischer Laie stelle ich mir vor, dass die Farbe im Moment des Farbauftrags flüssig aus dem Druckkopf austritt und erst während des Aushärtens unter UV-Licht auf ihre End-Schichtdicke schrumpft – ein Vorgang, der auf jeden Fall eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Wenn ein Tropfen, der auf ein flaches Substrat fällt, eine gewisse Grösse überschreitet, wird er aufgrund seiner gewölbten Oberfläche vom dicksten Punkt in seiner Mitte aus so lange «bergab» in die Breite verlaufen, bis die Kohäsionskräfte innerhalb der Flüssigkeit die Gewichtskräfte in Schach halten bzw. der treibende Höhenunterschied zwischen Tropfenzentrum und Tropfenrand genügend weit abgebaut wurde.
Bei dieser Vorstellung fühlte ich mich an meine ersten Versuche erinnert, mit Farbsprühdosen aus dem Baumarkt einen Motorradtank zu lackieren, welche natürlich anfänglich in zahlreichen unerwünschten Lacknasen endeten. Später habe ich dann gelernt, dass jeder einzelne Farbauftrag nicht zu dick erfolgen darf, dass man zwischen einzelnen Farbaufträgen genügend Zeit zum Ablüften lassen muss, dass die Umgebung nicht zu kalt sein darf, dass Lacknasen begünstigende Schwerkräfte besonders an senkrechten Flächen wirksam werden, etc..
Ich bin aus gutem Grund zurückhaltend damit, als drucktechnischer Laie dem beauftragten Dienstleister Ratschläge zu geben. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass bei Optimierung der Druckparameter wie Geschwindigkeit des Druckkopfs, Farbausstoss pro Dot, Abstand des Druckkopfs vom Substrat und evtl. weiterer Parametern eine wesentlich höhere Konturtreue bzw. Kantenschärfe als im vorliegend beschriebenen Druckmuster erreichbar sein dürfte. Möglicherweise um den Preis einer erhöhten Anzahl von Druckschichten und damit der Kosten.
50 dpi !
Ich habe versucht, die vorgefundene Druckqualität in eine einzige Zahl zu verdichten. Im Telefonat war per «Parameter-Dropping»eine Auflösung von 600 dpi in den Raum gestellt worden, entsprechend rund 0.042 mm / dot. im Ergebnis unterscheidet sich jedoch die Breite bedruckter und unbedruckter Module mit 1.778 mm bzw. 1.270 mm um 0.508 mm, also um das Zwölffache der Druckerauflösung. Nach meinem Verständnis entspricht das einer tatsächlichen Auflösung von nur noch 50 dpi – eine krasse Enttäuschung! Anschaulich ausgedrückt, wird jedes Modul im Durchschnitt statt von 36 x 36 Druckerdots nur noch von 3 x 3 Druckerdots derart abgedeckt, dass jedes Modul mit mindestens 2.5 x 2.5 dots, und höchstens 3.5 x 3.5 dots abgedeckt wird. Mir ist an dieser Stelle natürlich klar, dass ein Drucker keine Bruchteile von dots aufweist – mir geht es nur um einen Grössenvergleich.
Ausblick
Die Kosten für die (im Grunde nur auf Anraten meiner Frau) beauftragten 30 Ausdrucke habe ich gedanklich bereits als Lehrgeld abgeschrieben.
Mit Wehmut blicke ich allerdings auf die kantenscharfen Ausdrucke unseres Color Laserjets, der echte 600 dpi sogar auf Migros Budget Kopierpapier zustande bringt. Aber meine Anforderungen sind ja doch recht speziell: Weissdruck auf transparente Klebefolie. Das geht sicher nicht mit einem handelsüblichen Laserdrucker aus dem Consumerbereich. Oder etwa doch?
Meine Neugierde war jedenfalls geweckt. 20 Blatt DIN A4 Klebefolie zum Bedrucken mit Laserdruckern für knapp Fr. 20.- waren schnell gefunden und gleich bestellt.
Wie ich inzwischen gelernt habe, gibt es sogar weissen Toner für Laserdrucker! Sogar in (lt. Herstellerangabe) mit HP Color Laserjet kompatibler Ausführung. Kostet allerdings schlanke Fr. 300.- pro Cassette, ausreichend für 2300 Seiten (Herstellerangabe). Da musste ich erst zwei Nächte drüber schlafen, bevor ich mich dann auch zu dieser Bestellung durchringen konnte. Nun warte ich auf die beiden Lieferungen.
Ich werde berichten, ob sich dieser bevorstehende Versuch als teurer Flop oder als preiswerter Einstieg zum wiederholten Eigendruck erweist.