Die Stitching-Qualität beim Verrechnen von Einzelbildern in ein Kugelpanorama steht und fällt mit der korrekten Einstellung des verwendeten Panoramaadapters.
Die korrekte Einstellung eines Panoramaadapters zeichnet sich dadurch aus, daß die Kamera-Objektiv Kombination für beliebige Schwenkwinkel so geführt wird, daß deren No-Parallax-Point immer eine fixe Position relativ zur Umgebung einhält. Dies bedingt, daß sich der No-Parallax-Point permanent im Schnittpunkt der in der Regel senkrechten Panorama-Schwenkachse und der Optischen Achse der Kamera-Objektiv Kombination befindet:
Obige Anforderung ist zwar leicht formuliert, jedoch knifflig umzusetzen. Hierfür gibt es mehrere Gründe:
- Beide Achsen sind unsichtbar – ihr Schnittpunkt ist es ebenso.
- Der No-Parallax-Point liegt in einer unbekannten Entfernung vom Objektivflansch im Inneren des Objektivs auf der Optischen Achse. Je nach Objektiv-Bauart und Brennweite zwischen einigen Millimetern und einigen Zentimetern von der vordersten Linsenoberfläche entfernt. Zudem wird die Lage des No-Parallax-Points (bzw. der Eintrittspupille eines Objektivs nur von wenigen Objektiv-Herstellern genannt, bzw. auf dem Objektiv markiert, wie z.B. bei diesem hier.
Wie ich im Laufe der neuerlichen Beschäftigung mit meinem Slant-Adapter erkannt habe, ist es zwar eine notwendige, jedoch leider keine hinreichende Bedingung für die korrekte Einstellung eines Panoramaadapters, den Schnittpunkt von Schwenk- und Optischer Achsen an einer fixen Stelle zu halten.
Meine hier vorgestellte Konstruktion mit den beiden aufeinander ausgerichteten Metallspitzen stellt insofern eine Präzision in Aussicht, die sie leider insgesamt nicht zu leisten imstande ist – Asche auf mein Haupt! Dieses Hilfsmittel kann nur den Achsschnittpunkt einstellen helfen, erlaubt aber keine Aussage über den benötigten Abstand zwischen Kamera und Achsschnittpunkt.

Als zusätzliche Bedingung bei der Positionierung des No-Parallax-Points muss der Abstand der Kamera vom Achsschnittpunkt nämlich ebenfalls korrekt sein. Wäre er das nicht, würde sich der No-Parallax-Point während eines Panoramaschwenks auf einer Kreisbahn um die Schwenkachse bewegen und dadurch gerade nicht an seiner Position verharren. Der Radius dieser evtl. Kreisbahn wäre dann direkt proportional zur Grösse der resultierenden parallaktischen Fehler – ich komme da noch drauf zurück:
Bei korrekt eingehaltener Schnittpunkts- und Abstandsbedingung verändert ein zusätzlicher Slant-Winkel, wie er bei einzeiligen Kugelpanoramen unter Verwendung eines Fischaugenobjektivs zur Anwendung kommt, die Lage des No-Parallax-Points nicht:
An dieser Stelle lässt sich zusammenfassen:
Da der No-Parallax-Point eine fixe Position einhalten muss und das Kameragehäuse einen fixen Abstand vom No-Parallax-Point einhalten muss (Kamera und Objektiv verändern ihre Form und Abmessungen während eines Schwenks nicht), muss sich das Kameragehäuse während eines Panoramaschwenks auf einer Kreisbahn um den No-Parallax-Point bewegen. Und zwar jeder Punkt des Kameragehäuses, insbesondere auch dessen Stativgewinde. Diese Beobachtung ist für die Konstruktion eines geeigneten Adapters wichtig, denn die Befestigung des Kameragehäuses am Panoramaadapter geschieht über sein Stativgewinde.
Da Kamera und Objektiv bei mehrzeiligen Panoramen auch bei von der Horizontalen abweichenden Höhenwinkeln (Altitude, Elevation) einen fixen Abstand vom fixen No-Parallax-Point einhalten müssen, muss sich das Kameragehäuse (einschliesslich Stativgewinde) bei jeder Zeile (mit konstantem Höhenwinkel) auf einem Breitenkreis um die Schwenkachse bewegen, unter Einhaltung eines konstanten Abstands vom No-Parallax-Point als Kugelmittelpunkt.
Eine Vorrichtung, welche einen Punkt mit konstantem Abstand um den Schnittpunkt sich kreuzender Achsen führt, ist in der Technik als Kardanische Aufhängung bekannt. Käufliche Panoramaadapter folgen i.d.R. diesem Konstruktionsprinzip, wie z.B. in der Ausführung vom «Platzhirsch» Novoflex.
Ich habe mir aus vergleichsweise preiswerten Arca-Swiss® kompatiblen Komponenten (Schienen, Klemmen, Drehplatten, Kamerawinkel etc.) einen funktional gleichwertigen Panoramaadapter zusammengebaut, der alle benötigten Einstellmöglichkeiten bietet:

Begriffe «Längs» und «Quer» gelten relativ zur Optischen Achse
Mittenmarkierungen an den Klemmen und Skalen an den Langschienen erlauben die Bezeichnung und Reproduktion einmal ermittelter Einstellungen, z.B. bei einem Wiederaufbau nach einer Zerlegung der Konstruktion für einen Transport:

Da man am obigen Adapter so viele Einstellungen vornehmen kann, stellt sich die Frage, welches die Kriterien sind anhand deren man eine gute, möglichst Parallaxen-freie Einstellung erkennt.
Zunächst einmal muss die Schnittpunkt-Bedingung erfüllt werden, nach der die Schwenkachse und die Optische Achse einen echten Schnittpunkt im Raum haben müssen. Diese Bedingung ist am einfachsten zu erfüllen und zu verifizieren:
man schwenkt Kamera und Objektiv derart um die quer zur Optischen Achse stehende die horizontale (blaue) Achse, dass im Sucher bzw. Monitor die zentrierte Fokusmarkierung eine evtl.vorhandene Mittenmarkierung des Adapters möglichst exakt im Blick hat. Bei einem Weitwinkelobjektiv (oder gar Fischauge) werden alle Objekte vergleichsweise klein dargestellt. Da die Sehkraft meiner Augen inzwischen leider schneller abnimmt als die Bildschirmdiagonale bzw. Auflösung des Monitors einer DSLM-Kamera zunimmt, verwende ich in diesem Schritt «kabelgebundenes Tethering«, die Spiegelung des Kamera-Monitorbilds auf meinen 27-Zoll 5K iMac-Bildschirm. Etwa so:

Mein Raw-Converter Capture One Pro unterstützt derartiges Tethering, und bietet zudem die Möglichkeit, kantenscharfe horizontal und vertikal mittig verlaufende Hilfslinien (im folgenden Bild: rot) zu überlagern. Dies erleichtert die Ausrichtung ungemein:

Da mein Eigenbau-Adapter keine echte Zentrumsmarkierung (im blauen Kreis) im Langloch aufweist, verwende ich hilfsweise die grün markierten Mitten-Markierungen der Arca-Swiss® kompatiblen Klemme auf meinem Eigenbau Stativkopf. Den gefundenen Verschiebungswert lese ich an der Skala der horizontalen Schiene ab und merke ihn mir. (Note to self: 94.5 mm)
Dieser Wert ist übrigens für jede Adapter-Kameragehäuse Kombination charakteristisch, und ändert sich auch bei einem Wechsel des Objektivs nicht.
Praktisch (und auch theoretisch) schwieriger ist es, nach(!) Einstellung des Achsschnittpunkts den korrekten Abstand (möglichst nahe an Null!) des No-Parallax-Points von der Schwenkachse einzustellen.
Zunächst zur Theorie. Man sucht sich eine vertikale Kante im Nahbereich und eine vertikale Kante im Fernbereich und wählt die Stativ/Kameraposition derart, dass die Markierungen im Nahbereich und im Fernbereich etwa in der horizontalen Bildmitte zur Deckung kommen, d.h., sich der Kamera als scheinbar an der gleichen Position befindlich präsentieren:

Beim «zur Deckung bringen» geht es nicht darum, daß die Nahbereichsmarkierung die Fernbereichsmarkierung verdecken soll. Schlecht, weil nicht aussagekräftig, wäre es z.B., als Nahbereichsmarkierung einen dicken Baumstamm in einem Meter Entfernung zu wählen, der dann den Pfahl eines Verkehrschilds in 100 Meter Entfernung verdeckt. Statt dessen sollten die Markierungen für best-möglichen Erfolg «körperlos» sein, also keine horizontale Ausdehnung besitzen. Gut eignet sich z.B. die Innenkante (Übergang zur Glasscheibe) eines Fensterrahmens im Nahbereich und z.B. eine Hausecke im Fernbereich. Dabei wird die Einstellung umso empfindlicher und schwieriger (und die resultierende Stitching-Qualität umso höher), je dichter die Nahbereichsmarkierung an der Kamera liegt und je weiter die Fernbereichsmarkierung von ihr entfernt liegt.
Bei perfektem Abstand zwischen Kamera und Schwenkachse fallen No-Parallax-Point und Schwenkachse zusammen, und für beliebige Schwenkwinkel bleibt es bei der Deckung der beiden Markierungen im Nah- und Fernbereich:

In der Regel ist aber der Abstand zwischen Kamera und Schwenkachse nicht perfekt. Der No-Parallax-Point liegt in Blickrichtung entweder zu weit vorne oder zu weit hinten.


Die Einstellung des korrekten Abstands erfolgt ab Ausgangslage – Kamera blickt geradeaus und Markierungen befinden sich in der horizontalen Bildmitte in Decklage.
Je nach Richtung der Wanderung der Nahbereichsmarkierung bei einem Schwenk (nach innen oder nach aussen) vergrössert oder verkleinert man durch Verschieben der Kamera entlang des grünen Pfeils den bestehenden Abstand zur Schwenkachse und prüft danach das Verhalten in einem neuen Schwenk. Diese Schritte wiederholt man*, bis man mit dem erzielten Resultat zufrieden ist. Die hier aufgewandte Sorgfalt wirkt sich unmittelbar auf die spätere Stitching-Qualität aus. Dieser Aufwand muss pro Objektiv nur einmal betrieben werden.
*Als Verbesserung der Abstandsjustierung schwebt mir vor, die Schiene entlang des grünen Verfahrwegs durch einen Schlitten mit manuellem Spindelantrieb wie dem folgenden zu ersetzen:

Mit diesem spindelgetriebenen Einstellschlitten würde man aus der gleichen Ausgangslage nur einmal einen Schwenk ausführen und in geschwenkter Position so lange «kurbeln», bis beide Markierungen wieder zur Deckung gebracht sind. Bei einer angegebenen Spindelsteigung von 1.25 mm sollte eine Positioniergenauigkeit von 1/10 mm problemlos erreichbar sein.
Den ermittelten Abstand liest man ebenfalls an Langschiene und Mittenmarkierung der zugehörigen Klemme ab und notiert ihn. Während die Einstellung des Achsschnittpunkts für jedes Kameragehäuse vorgenommen werden muss, ist der Abstandswert für jedes Objektiv spezifisch!
Mit dem derart experimentell ermittelten Abstandswert kann man nun in die Konstruktion eines Slant-Adapters einsteigen. Das wird Thema eines weiteren Beitrags hier sein …